Das Landesnaturschutzgesetz ist die gesetzliche Grundlage für den Naturschutz in Schleswig-Holstein. 1993 legte der damals zuständige Minister der SPD Regierung Bernd Heydemann das erste Naturschutzgesetz für unser Bundesland vor. Es war EU-weit Richtung weisend und aus ihm wurden wesentliche Inhalte des Bundesnaturschutzgesetzes von 2002 entwickelt.
Der Regierungswechsel im Jahre 2005 führte bekanntermaßen zur Großen Koalition. Die CDU drängte auf Veränderungen im Naturschutz. Es kam zu einer Gesetzesnovelle, zu der der Naturschutzbund (NABU) im Vergleich zur vorher geltenden Fassung ausführt:
„Das 2007 verabschiedete neue Landesnaturschutzgesetz demontiert wesentliche Inhalte, orientiert allein an dem politischen Primat der Freiwilligkeit.“
So wurden beispielsweise die Bestimmungen zum Schutz der Knicks rigoros zusammengestrichen, obwohl sie bereits durch unsachgemäße Bearbeitung gefährdet waren. Getreu den Wünschen der Agrarlobby wurde nunmehr selbst die Beseitigung von Knicks erleichtert.
Die Föderalismusreform des Jahres 2006 regelte die Trennung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern neu. Damit entstand die Notwendigkeit, das Landesnaturschutzgesetz erneut zu überarbeiten. Ein erster Entwurf der Landesregierung sah vor, das bestehende Recht abzusichern. Das brachte allerdings die CDU- und FDP-Fraktionen während der Ausschussberatungen auf den Plan. Dies führte dazu, das Änderungen einflossen, die u.a. auf maßgebliche Kritik der Umweltverbände stießen:
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Von terminlichen Vorgaben des Bundesgesetzes bei der Gehölzpflege wird abgewichen, so dass im März länger abgeholzt werden darf
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Die Ausgleichsregelung bei Eingriff auf landwirtschaftliche Flächen wurde durch eine feste 1 zu 1 Zuordnung zu Lasten des Naturschutzes geändert
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Die Standards für Nutzungen (Jagd, Fischerei, Landwirtschaft) in Naturschutzgebieten werden unvertretbar abgesenkt. Schon der bisherige Kompromiss, dass Nutzungen den Vorrang des Schutzgebietes wahren sollen, erreichte die Grenzen des Naturschutzes. Nun müssen sie lediglich nicht dem Schutzziel entgegenstehen. Das heißt ganz klar: mehr Jagd, mehr Fischerei und intensivere Landwirtschaft in Naturschutzgebieten!
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Während im Vorgängergesetz die Benennung von Kreisnaturschutzbeauftragten festgeschrieben war, wird nunmehr ihre Berufung in das Benehmen der Kreise gestellt
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Vor langer Zeit widerrechtlich errichtete Steganlagen dürfen von Behörden nie mehr beseitigt werden können, auch wenn diese die Natur oder Landschaft in besonderem Maße beeinträchtigen. Durch eine simple Streichung eines Satzes in § 36 Abs. 3 wird dies ermöglicht.
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Entgegen der Regelung im Bundesnaturschutzgesetz schafft Schleswig-Holstein das Vorkaufsrecht bei Flächen für den Naturschutz ab. Auch die nachgereichte Stellungnahme des Landkreistages und des Städteverbandes zu den Auswirkungen der Abschaffung des Vorkaufsrechtes blieb unbeachtet.
Die SPD Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag hatte einen Gegenentwurf zu dieser von Lobbyismus gesteuerten Umdeutung des Naturschutzgesetzes in ein Landwirtschaftsgesetz vorgelegt, um wieder im Bundesvergleich vorbildliche Standards zu erhalten:
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Naturschutz gilt für alle Menschen in Schleswig-Holstein, auch für Eigentümerinnen und Eigentümer im ländlichen Raum, deswegen Streichung der Privateigentumsklausel im Naturschutz und weg mit den unnötigen Prüfvorbehalten zu vertraglichen Regelungen.
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Erhalt der in ganz Deutschland notwendigen Landschaftsrahmenpläne, damit Kopf und Fuß im Naturschutz nicht ohne Verbindung bleiben.
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Entlastung in den Unteren Naturschutzbehörden durch eine Positivliste für Eingriffe und Wegfall von Genehmigungsfiktionen bei Anträgen zu Eingriffen in die Natur.
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Besseren Schutz für wertvolle Biotope wie Knicks, sie dürfen nicht willkürlich im Interesse der Landwirte verschoben und beseitigt werden.
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Einhaltung der Bundesstandards wie das Vorkaufsrecht. Bis auf Schleswig-Holstein wissen alle Regierungen, dass ohne Vorkaufsrecht zusammenhängende Gebiete für den Naturschutz unmöglich werden.
Wer die Änderungen im neuen Gesetz nachlesen möchte wird, wird zunächst einmal sehr ernüchtert werden. Ohne das aktuelle Bundesnaturschutzgesetz auf den Knien wird er bitterlich scheitern, da er im wesentlichen eine Aufreihung von Abweichungen vom Bundesgesetz vorfinden wird.
Quelle: Neuwittenbeker Dorf-Geflüster 1/2010
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